Immer erreichbar sein, immer auf der Suche nach den neuesten Trends, Produkten, Beiträgen von Freunden und Influencern. Die schöne Welt der digitalen Möglichkeiten lässt kaum Wünsche übrig und nimmt uns unbewusst die Zeit zum Durchatmen.
Generationenübergreifend steigt die Zeit, die wir täglich vor dem Bildschirm verbringen. Ob durch die Arbeit erzwungen, oder als Zeitvertreib in der Freizeit – einen großen Teil unseres Lebens verbringen wir online. Hier treffen wir Freunde, informieren uns, gehen shoppen, daten einander oder zocken. Die Verlockungen im Netz wirken auf uns wie ein Rausch, ständig online zu sein wird zur Sucht. Aber wie bei jedem Rausch folgt auch hier der Kater. Das Gehirn kommt kaum noch zur Ruhe. Durch den hohen Digitalkonsum, vor allem in den Abendstunden, fällt es uns schwer, abzuschalten und zu entspannen. Schlafstörungen sind häufig die Folge. Zahlreiche Studien belegen eine zunehmende Verschlechterung der Schlafqualität und -dauer in Industrienationen und stellen einen Zusammenhang mit der exzessiven Nutzung von Smartphones und Tablets am Abend her. Die Folgen sind mangelnde Erholung in der Nacht und dadurch stärker empfundener Stress und Unkonzentriertheit am Tag. Verstärkt wird das Ganze dadurch, dass die Verlockungen der Online-Welt, der kurze Blick aufs Smartphone oder ins Internet, uns bei der Arbeit zusätzlich Ablenken – eine Versuchung, der man im Homeoffice noch weniger widerstehen kann. Die Angst etwas zu verpassen, hat uns fest im Griff und wird für manche zur psychischen Belastungsprobe. Durch die andauernde Reizüberflutung sind wir nicht nur gestresst, sondern auch mit dem Kopf oft nicht bei der Sache. Das führt zu mehr Fehlern bei der Arbeit und kostet zusätzlich Energie, um den Verlockungen standzuhalten und äußerliche Reize auszublenden. Darüber hinaus führt eine ständige Verfügbarkeit von Informationen dazu, dass wir unser Gehirn unbewusst weniger trainieren. Anstatt sich Dinge zu merken, schauen wir lieber auf Google oder Wikipedia nach. Überhaupt können Informationen schlechter verarbeitet und abgespeichert werden, da dem Gehirn die Zeit zur Verarbeitung fehlt. Die andauernde Medienberieselung nimmt uns den Raum, die Gedanken schweifen zu lassen und – im wahrsten Sinne des Wortes – abzuschalten.
Aber wie befreien wir uns aus unserem selbst geschaffenen digitalen Käfig? Anders als im Film Matrix benötigt es keiner übernatürlichen Kräfte, um dem virtuellen Gefängnis zu entkommen – alles was wir benötigen ist ein wenig Disziplin und ein paar gute Anregungen.
Zunächst sollten wir einmal mit einem hartnäckigen Gerücht aufräumen. Der verbreitete Begriff „Digital Detox“ führt in die Irre, denn vom Digitalkonsum kann man nicht entgiften. Der Körper funktioniert nicht wie ein Cache-Speicher, in welchem sich massenhaft Daten ansammeln und der „nur“ regelmäßig geleert werden muss. Vielmehr muss man mit Gewohnheiten brechen und seine eigene Smartphone- und Tablet-Nutzung hinterfragen. Mit einer Offline-Kur einmal im Monat ist es leider nicht getan. Ein Wochenende in einer einsamen Hütte ohne Smartphone mag erholsam sein, aber wenn wir zurück im Alltag wieder in die gleiche Online-Routine verfallen, wird sich keine nachhaltige Verbesserung einstellen. Die erste Regel zur digitalen Entgiftung ist daher, unseren Digitalkonsum grundlegend zu ändern.
Abends im Bett noch schnell Nachrichten auf dem Smartphone checken, ein Buch auf dem Tablet lesen oder gemütlich eingemummelt einen Film auf Netflix schauen. Für viele ein tägliches Ritual vor dem Schlafengehen. Aber das allabendliche Abhängen in der Online-Blase schadet uns mehr als uns bewusst ist. Die starken Reize des Konsumierten wirken aufputschend auf unser Gehirn. Wir sind aufgekratzt und können schlecht abschalten. Die Folge: Der Schlaf leidet und die Erholung bleibt aus. Das grelle Bildschirmlicht tut ein Übriges, um uns am Einschlafen zu hindern, indem es dem Gehirn signalisiert, dass es noch nicht Schlafenszeit sei. Und wer mitten in der Nacht von Nachrichten auf seinem Smartphone aus dem Schlaf gerissen wird, der muss sich am nächste Tag nicht fragen, warum er müde ist. Wer auf sein Smartphone als Wecker angewiesen ist, kann dieses nachts einfach in den Flugmodus schalten. Es gilt also, Smartphones, Tablets, Laptops und Fernseher aus dem Schlafzimmer zu verbannen und auf eine Nutzung vor dem Schlafengehen zu verzichten.
Keine Frage, die technischen Helferlein bieten uns viele Vorteile. Durch mobile Endgeräte lassen sich viele Dinge von unterwegs erledigen, was unseren Alltag in vielen Bereichen merklich erleichtern kann. Mehr noch, sie machen uns flexibler, bieten uns ungeahnte Informationsmöglichkeiten und lassen uns mit anderen in Kontakt treten. Doch der Techniksegen wird schnell zum Fluch, wenn wir unsere Welt nur noch durch den Bildschirm wahrnehmen. Wir haben uns angewöhnt, Freunde zunehmend virtuell zu treffen und bei Konzerten gebannt auf das Handydisplay zu schauen, um die beste Aufnahme zu bekommen. Die Art zu Reisen hat sich ebenfalls grundlegend verändert. Die Umgebung wird meist durch die Handy-Kamera beobachtet, um den Freunden später die perfekten Urlaubsfotos zeigen zu können. Dabei entgeht den Reisenden zunehmend, auch alles einfach mal auf sich wirken zu lassen und spontane Entdeckungen zuzulassen – und damit letztlich ein wichtiger Teil des Reiseerlebnisses. Spätestens jetzt ist es Zeit, mit diesen Gewohnheiten zu brechen! Deshalb plädieren wir für bewusstes Genießen ohne Smartphone und Co. und eine Nutzung nur da, wo sie wirklich sinnvoll ist.
Überhaupt sollte man sich fragen, was man eigentlich mit der Unmenge an Bild- und Videomaterial auf seinem Smartphone anfangen will. Früher war man schon nach wenigen Dias aus dem Gran Canaria Urlaub der Schwiegereltern genervt. Heute kommt man nicht selten mit hunderten Bildern von einer Reise zurück – nur damit diese dann, in den meisten Fällen ungesehen, im digitalen Speicher verstauben. Im besten Fall dienen sie uns als kleiner Trost für die entgangenen Reisefreuden der letzten Monate. Aber, was haben wir im Gegenzug dafür nicht alles im Urlaub verpasst? Wie oft hat man etwa sein Abendessen kalt werden lassen, beim Versuch das perfekte Bild davon zu bekommen, nur um es danach mit seinen Followern – alias Freunden – auf Instagram zu teilen. Oft von dem Frust begleitet, dass einem das optimale Foto partout nicht gelingen mag. Und auch der Sonnenuntergang am Meer kommt in digitaler Version weit weniger beeindruckend daher. Natürlich will man schöne Momente gerne festhalten, aber oft ist weniger eben mehr und an die Erinnerung in unserem Kopf kommt auch das beste Foto nur selten heran. Beim Abendessen oder beim romantischen Sonnenuntergang am Strand einfach mal das Handy stecken lassen und sich nicht dem Stress der Jagd nach dem perfekten Bild aussetzen – lautet unsere Empfehlung.
Die Sucht nach Bildern von wildfremden Menschen scheint ansteckend zu sein. Influencer sind in aller Munde und für Marken heute unersetzliche Werbebotschafter. Für viele, gerade auch junge Menschen, sind sie Vorbilder und Sehnsuchtsobjekte zugleich. Das scheinbar leichte und luxuriöse Leben weckt Wünsche, die für die meisten allerdings unerreichbar sind. Studien belegen, dass die passive Nutzung von sozialen Plattformen wie Instagram, also die reine Betrachtung von Bildern anderer, Frust und Neid erzeugen kann. Wer immer nur schaut, was andere angeblich haben, macht sich selbst krank. Dabei verblasst die Hochglanzwelt auf Instagram schnell, wenn man mal hinter die Fassade schaut. Hinter vielen Beiträgen verbergen sich Sponsoren, teure Luxusobjekte sind oft nur geliehen und im Pool wurde sich auch nur für die Dauer des Fotoshootings geräkelt. Man sollte sich also von der schönen Fassade nicht blenden lassen und schon gar nicht sein eigenes Leben nach den Beiträgen von Influencern ausrichten.
Keine Frage, das Internet und mobile Endgeräte wie Smartphones haben unseren Alltag bereichert. In vielen Ländern der Welt hat dies die Gesellschaft nachhaltig verändert und Grenzen eingerissen. Für uns ist es heute ganz normal, global mit anderen zu kommunizieren oder Informationen von überall auf der Welt abzurufen. Mithilfe von Smartphones lassen wir uns durch fremde Städte navigieren und mit dem Tablet oder Laptop arbeiten wir von unterwegs. All diese Möglichkeiten haben die Welt gewandelt und sie ein Stück weit kleiner, und auch schneller werden lassen. Wer sich selbst zum Sklaven seines Smartphones werden lässt, läuft Gefahr, sich auf Dauer zu schaden. Ständig online und immer erreichbar zu sein, führt langfristig zu mehr Stress und Unkonzentriertheit im Alltag. Um auf lange Sicht leistungsfähig und belastbar zu sein hilft vor allem eines – einfach mal abschalten!